Grundlagen zur Einführung eines Schweizer Innovationsfonds
Type
work report
Date Issued
2022-03
Author(s)
Abstract (De)
Ausgangslage
Neugegründete oder raschwachsende Unternehmen sind ein wichtiger Pfeiler für künftiges Wirtschaftswachstum und Innovationen einer Volkswirtschaft. Zu einer erfolgreichen Innovationsförderpolitik gehört deshalb u.a. ein effektives und effizientes InnovationsfinanzierungsÖkosystem. Laut Studien existiert in der Schweiz insbesondere im Bereich der Finanzierungsmöglichkeiten der frühen Wachstumsphase von Start-ups («Scale-up Phase») Verbesserungspotenzial. Zudem zeigt sich, dass viele Länder ihre (staatliche) Innovationspolitik zur Unterstützung von Start-ups aktiver gestalten. Vor diesem Hintergrund prüft der vorliegende Bericht, wie ein «Schweizer Innovationsfonds» ausgestaltet sein könnte.
Nationale und internationale Einbettung
Auf kantonaler Ebene existieren einzig in Basel-Stadt, Freiburg, Tessin, Wallis und Genf Eigenkapital-Programme zur Unterstützung von Start-ups. Zudem haben die Kantonalbanken der Kantone Aargau, Graubünden, Schwyz und Zürich Programme, die in Start-ups investieren. Auf nationaler Ebene existiert kein Investitionsprogramm, das in wesentlichem Umfang in Startups in der frühen Wachstumsphase investiert. Die Analyse der internationalen Best Practice analysiert und typologisiert die Start-up-Programme verschiedener Länder und leitet daraus vier Best-Practice-Programme her:
- Dutch Future Fund (NL): Fund-of-Funds, der über Investitionen in Venture-Capital-Fonds indirekt in Start-ups investiert. Der European Investment Fund (EIF) ist mit dem Management des Fonds beauftragt.
- Belgium Growth Fund (BE): Fund-of-Funds, der durch drei (teil-)staatliche Organisationen verwaltet wird (ohne EIF).
- DeepTech Future Fund (DE): Investiert direkt, gemeinsam mit privaten Investoren, in das Eigenkapital junger Unternehmen. Das Management wird vom Team des High-Tech Gründerfonds (HTGF) übernommen.
- Future Fund Breakthrough (UK): Investiert direkt, gemeinsam mit privaten Investoren, Eigenkapital in junge Unternehmen. Er fokussiert insbesondere auf Start-ups der «net zero economy» sowie aus dem Life-Science-Bereich. Das Management wird durch eine Tochtergesellschaft der staatseigenen UK Business Bank geführt.
Modelle für einen Schweizer Innovationsfonds
Es werden vier idealtypische Modelle eines Schweizer Innovationsfonds hergeleitet:
Modell 1: «Anstalt». Dieses Modell sieht die Verwaltung eines schweizerischen Innovationsfonds durch eine öffentlich-rechtliche Anstalt vor. Vorliegend wird eine mögliche Umsetzungsform dazu als Erweiterung der Aufgaben der Innosuisse um die Verwaltung eines schweizerischen Innovationsfonds konkretisiert.
Modell 2: «Spezialgesetzliche AG». Dieses Modell sieht die Gründung einer spezialgesetzlichen AG im Eigentum des Bunds vor. Kantone (und allenfalls Private) könnten hier je nach Ausgestaltung der Rechtsgrundlagen ebenfalls Miteigentümer sein oder ggf. als Darlehensgeber auftreten.
Modell 3: «Mandat». Dieses Modell sieht die Mandatierung des Innovationsfonds per Ausschreibung an Dritte vor. Im Gegensatz zu den Modellen 1 und 2 wird hier von indirekten Investitionen (Fund-of-Funds) ausgegangen.
Modell 4: «EIF». In diesem Modell wird der European Investment Fund (EIF) direkt (etwa über einen Staatsvertrag) mandatiert.
Neben diesen vier Modellen sind auch Mischformen denkbar (z.B. könne eine Anstalt seinerseits Fondsgesellschaften mandatieren).
Vergleich der Modelle und Empfehlungen
Der Vergleich der Modelle hat gezeigt, dass keines der Modelle bezüglich aller Beurteilungskriterien besser abschneidet als die anderen Modelle. Da die Beurteilungskriterien je nach politischen Präferenzen unterschiedlich stark gewichtet werden können, wird vorliegend keine Empfehlung für ein spezifisches Modell abgegeben. Einzelne Tendenzen können wie folgt zusammengefasst werden:
Modell 1 («Anstalt») erlaubt hohe Kontrollmöglichkeiten durch den Staat. Dafür ist die Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme fraglich und das finanzielle Risiko des Staates je nach finanziellem Ziel – potenziell hoch. Das höhere Risiko resultiert daraus, dass im idealtypischen Modell 1 auch Investitionen in Start-ups ermöglicht werden sollen, die keine anderweitigen Finanzierungen erhalten. Dies mindert aber gleichwohl auch das Risiko des Crowding-outs privater Investitionen.
Modell 2 («Spezialgesetzliche AG») erlaubt eine hohe Flexibilität bezüglich der Finanzierungs- und Eigentumsoptionen. Wie auch in Modell 1 ist in Modell 2 davon auszugehen, dass, bedingt durch die Nähe zur Verwaltung, die Effektivität zur Erreichung politischer Ziele hoch ist. Demgegenüber ist die politische Umsetzbarkeit des Modells offen, da hierzu eine neue staatliche Institution bereitgestellt würde.
Modell 3 («Mandat») ist verhältnismässig leicht umsetzbar und erlaubt politisch unabhängige Investitionsentscheidungen im gesteckten Rahmen, ist aber weniger flexibel. Sollen vermehrt institutionelle private Investoren wie etwa Pensionskassen in den Markt integriert werden, bietet sich die Fund-of-Funds-Lösung in Modell 3 an. Die Kontrollmöglichkeiten durch den Staat sind aber limitiert, weshalb von der Notwendigkeit einer Einsitznahme in die Entscheidungs- respektive Kontrollgremien ausgegangen wird.
Modell 4 («EIF») ist analog zu Modell 3 verhältnismässig leicht umsetzbar und erlaubt politisch unabhängige Entscheidungen. Modell 4 hat zudem einen Crowding-in-Effekt («certification effect») auf private Investoren zur Folge. Auch in diesem Modell sind aber die Kontrollmöglichkeiten durch den Staat begrenzt.
Eine Beschlussfassung zur Einführung eines schweizerischen Innovationsfonds sollte mit einer Zieldefinition beginnen («Form follows Function»). Dazu sind übergeordnete, thematische und finanzielle Ziele eines Innovationsfonds genauer zu definieren. In einem späteren Schritt können Fragen darüber, wann der Fonds seine Tätigkeit aufnehmen und unter welchem Zeithorizont er operieren soll, bestimmt werden. Danach können die Struktur und die Governance sowie die Investitionsgrundsätze eines Innovationsfonds festgelegt werden, bevor die Finanzierung gewährleistet werden kann.
Neugegründete oder raschwachsende Unternehmen sind ein wichtiger Pfeiler für künftiges Wirtschaftswachstum und Innovationen einer Volkswirtschaft. Zu einer erfolgreichen Innovationsförderpolitik gehört deshalb u.a. ein effektives und effizientes InnovationsfinanzierungsÖkosystem. Laut Studien existiert in der Schweiz insbesondere im Bereich der Finanzierungsmöglichkeiten der frühen Wachstumsphase von Start-ups («Scale-up Phase») Verbesserungspotenzial. Zudem zeigt sich, dass viele Länder ihre (staatliche) Innovationspolitik zur Unterstützung von Start-ups aktiver gestalten. Vor diesem Hintergrund prüft der vorliegende Bericht, wie ein «Schweizer Innovationsfonds» ausgestaltet sein könnte.
Nationale und internationale Einbettung
Auf kantonaler Ebene existieren einzig in Basel-Stadt, Freiburg, Tessin, Wallis und Genf Eigenkapital-Programme zur Unterstützung von Start-ups. Zudem haben die Kantonalbanken der Kantone Aargau, Graubünden, Schwyz und Zürich Programme, die in Start-ups investieren. Auf nationaler Ebene existiert kein Investitionsprogramm, das in wesentlichem Umfang in Startups in der frühen Wachstumsphase investiert. Die Analyse der internationalen Best Practice analysiert und typologisiert die Start-up-Programme verschiedener Länder und leitet daraus vier Best-Practice-Programme her:
- Dutch Future Fund (NL): Fund-of-Funds, der über Investitionen in Venture-Capital-Fonds indirekt in Start-ups investiert. Der European Investment Fund (EIF) ist mit dem Management des Fonds beauftragt.
- Belgium Growth Fund (BE): Fund-of-Funds, der durch drei (teil-)staatliche Organisationen verwaltet wird (ohne EIF).
- DeepTech Future Fund (DE): Investiert direkt, gemeinsam mit privaten Investoren, in das Eigenkapital junger Unternehmen. Das Management wird vom Team des High-Tech Gründerfonds (HTGF) übernommen.
- Future Fund Breakthrough (UK): Investiert direkt, gemeinsam mit privaten Investoren, Eigenkapital in junge Unternehmen. Er fokussiert insbesondere auf Start-ups der «net zero economy» sowie aus dem Life-Science-Bereich. Das Management wird durch eine Tochtergesellschaft der staatseigenen UK Business Bank geführt.
Modelle für einen Schweizer Innovationsfonds
Es werden vier idealtypische Modelle eines Schweizer Innovationsfonds hergeleitet:
Modell 1: «Anstalt». Dieses Modell sieht die Verwaltung eines schweizerischen Innovationsfonds durch eine öffentlich-rechtliche Anstalt vor. Vorliegend wird eine mögliche Umsetzungsform dazu als Erweiterung der Aufgaben der Innosuisse um die Verwaltung eines schweizerischen Innovationsfonds konkretisiert.
Modell 2: «Spezialgesetzliche AG». Dieses Modell sieht die Gründung einer spezialgesetzlichen AG im Eigentum des Bunds vor. Kantone (und allenfalls Private) könnten hier je nach Ausgestaltung der Rechtsgrundlagen ebenfalls Miteigentümer sein oder ggf. als Darlehensgeber auftreten.
Modell 3: «Mandat». Dieses Modell sieht die Mandatierung des Innovationsfonds per Ausschreibung an Dritte vor. Im Gegensatz zu den Modellen 1 und 2 wird hier von indirekten Investitionen (Fund-of-Funds) ausgegangen.
Modell 4: «EIF». In diesem Modell wird der European Investment Fund (EIF) direkt (etwa über einen Staatsvertrag) mandatiert.
Neben diesen vier Modellen sind auch Mischformen denkbar (z.B. könne eine Anstalt seinerseits Fondsgesellschaften mandatieren).
Vergleich der Modelle und Empfehlungen
Der Vergleich der Modelle hat gezeigt, dass keines der Modelle bezüglich aller Beurteilungskriterien besser abschneidet als die anderen Modelle. Da die Beurteilungskriterien je nach politischen Präferenzen unterschiedlich stark gewichtet werden können, wird vorliegend keine Empfehlung für ein spezifisches Modell abgegeben. Einzelne Tendenzen können wie folgt zusammengefasst werden:
Modell 1 («Anstalt») erlaubt hohe Kontrollmöglichkeiten durch den Staat. Dafür ist die Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme fraglich und das finanzielle Risiko des Staates je nach finanziellem Ziel – potenziell hoch. Das höhere Risiko resultiert daraus, dass im idealtypischen Modell 1 auch Investitionen in Start-ups ermöglicht werden sollen, die keine anderweitigen Finanzierungen erhalten. Dies mindert aber gleichwohl auch das Risiko des Crowding-outs privater Investitionen.
Modell 2 («Spezialgesetzliche AG») erlaubt eine hohe Flexibilität bezüglich der Finanzierungs- und Eigentumsoptionen. Wie auch in Modell 1 ist in Modell 2 davon auszugehen, dass, bedingt durch die Nähe zur Verwaltung, die Effektivität zur Erreichung politischer Ziele hoch ist. Demgegenüber ist die politische Umsetzbarkeit des Modells offen, da hierzu eine neue staatliche Institution bereitgestellt würde.
Modell 3 («Mandat») ist verhältnismässig leicht umsetzbar und erlaubt politisch unabhängige Investitionsentscheidungen im gesteckten Rahmen, ist aber weniger flexibel. Sollen vermehrt institutionelle private Investoren wie etwa Pensionskassen in den Markt integriert werden, bietet sich die Fund-of-Funds-Lösung in Modell 3 an. Die Kontrollmöglichkeiten durch den Staat sind aber limitiert, weshalb von der Notwendigkeit einer Einsitznahme in die Entscheidungs- respektive Kontrollgremien ausgegangen wird.
Modell 4 («EIF») ist analog zu Modell 3 verhältnismässig leicht umsetzbar und erlaubt politisch unabhängige Entscheidungen. Modell 4 hat zudem einen Crowding-in-Effekt («certification effect») auf private Investoren zur Folge. Auch in diesem Modell sind aber die Kontrollmöglichkeiten durch den Staat begrenzt.
Eine Beschlussfassung zur Einführung eines schweizerischen Innovationsfonds sollte mit einer Zieldefinition beginnen («Form follows Function»). Dazu sind übergeordnete, thematische und finanzielle Ziele eines Innovationsfonds genauer zu definieren. In einem späteren Schritt können Fragen darüber, wann der Fonds seine Tätigkeit aufnehmen und unter welchem Zeithorizont er operieren soll, bestimmt werden. Danach können die Struktur und die Governance sowie die Investitionsgrundsätze eines Innovationsfonds festgelegt werden, bevor die Finanzierung gewährleistet werden kann.
Language
German
Keywords
Governmental Venture Capital
HSG Classification
contribution to practical use / society
HSG Profile Area
Global Center for Entrepreneurship + Innovation
Publisher
Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, Direktion für Standortförderung, Ressort KMU-Politik
Publisher place
https://www.seco.admin.ch/seco/de/home/seco/nsb-news.msg-id-89406.html
Pages
93
Division(s)
Contact Email Address
michael.greger@unisg.ch
Eprints ID
266531
File(s)
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Name
Grundlagen zur Einführung eines Schweizer Innovationsfonds (2022).pdf
Size
1.63 MB
Format
Adobe PDF
Checksum (MD5)
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