Prozesskostensicherheit im Schiedsverfahren : unter besonderer Berücksichtigung der erfolgshonorierten Prozessfinanzierung
Type
doctoral thesis
Date Issued
2021
Author(s)
Zweifel, Linus Andrin
Abstract
Both doctrine and case law recognise that the instrument of security for costs applies not only in state court proceedings but also in arbitration. However, national arbitration laws and institutional arbitration rules only exceptionally contain explicit provisions in this regard. Under Swiss law, aside from art. 379 of the Swiss Code of Civil Proceedings, there are no specific legal provisions. The question thus arises on what legal foundation the competence of an arbitral tribunal to issue an order for security for costs is based.
Also against this background, prevailing doctrine qualifies orders for security for costs as interim measures. In fact, however, such an order cannot be qualified as a provisional measure, neither in state court nor in arbitration proceedings. Legal provisions governing interim measures, therefore, do not represent a valid basis upon which arbitral tribunals could rely.
Rather, the competence of an arbitral tribunal to order security for costs is rooted in the will of the parties. The consequence of this different legal basis is that strict requirements must be fulfilled before an order for security for costs can be made; security for costs is not the appropriate remedy as a reaction to a materialising commercial counterparty risk. Mere insolvency does, therefore, not warrant an order for security for costs. In principle, bad faith behaviour is to be considered a mandatory requirement. The arbitral tribunal’s decision is then issued as a procedural order.
Finally, it is subject of recurring controversial discussions whether external, success-based third-party funding should constitute a possible ground for security. Generally, this should not be the case; the involvement of a third-party funder by itself cannot be relevant. However, according to the view represented here, an exception should be made if the engagement of a funder undermines the incentive system inherent to the allocation of legal costs. If third-party funding leads to cost risks being unilaterally passed on to the counterparty, a corrective intervention by means of an order for security for costs may be justified. In such a situation, the necessary criterion of bad faith can exceptionally be waived.
Also against this background, prevailing doctrine qualifies orders for security for costs as interim measures. In fact, however, such an order cannot be qualified as a provisional measure, neither in state court nor in arbitration proceedings. Legal provisions governing interim measures, therefore, do not represent a valid basis upon which arbitral tribunals could rely.
Rather, the competence of an arbitral tribunal to order security for costs is rooted in the will of the parties. The consequence of this different legal basis is that strict requirements must be fulfilled before an order for security for costs can be made; security for costs is not the appropriate remedy as a reaction to a materialising commercial counterparty risk. Mere insolvency does, therefore, not warrant an order for security for costs. In principle, bad faith behaviour is to be considered a mandatory requirement. The arbitral tribunal’s decision is then issued as a procedural order.
Finally, it is subject of recurring controversial discussions whether external, success-based third-party funding should constitute a possible ground for security. Generally, this should not be the case; the involvement of a third-party funder by itself cannot be relevant. However, according to the view represented here, an exception should be made if the engagement of a funder undermines the incentive system inherent to the allocation of legal costs. If third-party funding leads to cost risks being unilaterally passed on to the counterparty, a corrective intervention by means of an order for security for costs may be justified. In such a situation, the necessary criterion of bad faith can exceptionally be waived.
Abstract (De)
Sowohl in der Lehre als auch in der Rechtsprechung ist anerkannt, dass das Instrument der Prozesskostensicherheit nicht nur im staatlichen Zivilprozess, sondern auch im Schiedsverfahren zur Anwendung gelangt. In den nationalen Schiedsgesetzen sowie den institutionellen Schiedsordnungen finden sich hier-zu jedoch nur ausnahmsweise explizite Bestimmungen. Auch das Schweizer Recht kennt, abgesehen von Art. 379 ZPO, keine einschlägige Regelung zur Prozesskaution. Es stellt sich deshalb die Frage, worauf sich die Kompetenz eines Schiedsgerichts zum Erlass einer Kautionsverfügung stützt.
Auch vor dem Hintergrund dieser Fragestellung ordnet die h.L. die Anordnung einer Prozesskostensicherheit durch Schiedsgerichte den vorsorglichen Massnahmen zu. Tatsächlich lässt sich diese aber weder im Zivilprozess noch im Schiedsverfahren als vorsorgliche Massnahme qualifizieren. Entsprechend bilden die den vorsorglichen Massnahmen zugrundeliegenden Bestimmungen auch keine Basis, auf welche sich ein Schiedsgericht berufen könnte.
Die Grundlage der Kompetenz eines Schiedsgerichts, eine Partei zu einer Sicherheitsleistung verpflichten zu können, gründet vielmehr im Parteiwillen. Diese unterschiedliche Kompetenzgrundlage hat zur Konsequenz, dass für die Prozesskostensicherheit strenge Voraussetzungen gelten müssen; als Reaktion auf ein sich materialisierendes kommerzielles Gegenparteirisiko ist sie nicht das richtige Instrument. Die Zahlungsunfähigkeit der Gegenpartei stellt deshalb im Schiedsverfahren keinen alleinstehenden Kautionsgrund dar. Grundsätzlich ist Treuwidrigkeit als zwingendes Kriterium vorauszusetzen. Der Entscheid des Schiedsgerichts ergeht sodann als prozessleitende Verfügung.
Regelmässig kontrovers diskutiert wird schliesslich die Frage, ob eine externe, erfolgshonorierte Prozessfinanzierung einen möglichen Kautionsgrund darstellen soll. Im Grundsatz ist dies zu verneinen; für sich allein kann die Beteiligung eines Prozessfinanzierers nicht relevant sein. Nach hier vertretener Auffassung ist davon jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn mittels Prozessfinanzierung das der Verteilung der Prozesskosten inhärente Anreizsystem ausgehebelt wird. Führt eine Finanzierung des Verfahrens durch eine Drittpartei dazu, dass Kostenrisiken einseitig auf die Gegenpartei abgewälzt werden, kann ein korrigierendes Eingreifen mittels Anordnung einer Kautionsverfügung angezeigt sein. In dieser Konstellation ist ausnahmsweise vom Kriterium der Treuwidrigkeit abzusehen.
Auch vor dem Hintergrund dieser Fragestellung ordnet die h.L. die Anordnung einer Prozesskostensicherheit durch Schiedsgerichte den vorsorglichen Massnahmen zu. Tatsächlich lässt sich diese aber weder im Zivilprozess noch im Schiedsverfahren als vorsorgliche Massnahme qualifizieren. Entsprechend bilden die den vorsorglichen Massnahmen zugrundeliegenden Bestimmungen auch keine Basis, auf welche sich ein Schiedsgericht berufen könnte.
Die Grundlage der Kompetenz eines Schiedsgerichts, eine Partei zu einer Sicherheitsleistung verpflichten zu können, gründet vielmehr im Parteiwillen. Diese unterschiedliche Kompetenzgrundlage hat zur Konsequenz, dass für die Prozesskostensicherheit strenge Voraussetzungen gelten müssen; als Reaktion auf ein sich materialisierendes kommerzielles Gegenparteirisiko ist sie nicht das richtige Instrument. Die Zahlungsunfähigkeit der Gegenpartei stellt deshalb im Schiedsverfahren keinen alleinstehenden Kautionsgrund dar. Grundsätzlich ist Treuwidrigkeit als zwingendes Kriterium vorauszusetzen. Der Entscheid des Schiedsgerichts ergeht sodann als prozessleitende Verfügung.
Regelmässig kontrovers diskutiert wird schliesslich die Frage, ob eine externe, erfolgshonorierte Prozessfinanzierung einen möglichen Kautionsgrund darstellen soll. Im Grundsatz ist dies zu verneinen; für sich allein kann die Beteiligung eines Prozessfinanzierers nicht relevant sein. Nach hier vertretener Auffassung ist davon jedoch dann eine Ausnahme zu machen, wenn mittels Prozessfinanzierung das der Verteilung der Prozesskosten inhärente Anreizsystem ausgehebelt wird. Führt eine Finanzierung des Verfahrens durch eine Drittpartei dazu, dass Kostenrisiken einseitig auf die Gegenpartei abgewälzt werden, kann ein korrigierendes Eingreifen mittels Anordnung einer Kautionsverfügung angezeigt sein. In dieser Konstellation ist ausnahmsweise vom Kriterium der Treuwidrigkeit abzusehen.
Language
German
Keywords
Prozesskosten
Schiedsgerichtsbarkeit
Zivilprozessrecht
Kostenerstattung
EDIS-5084
HSG Classification
not classified
HSG Profile Area
None
Publisher
Universität St. Gallen
Publisher place
St.Gallen
Subject(s)
Eprints ID
262396
File(s)![Thumbnail Image]()
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open.access
Name
Dis5084.pdf
Size
2.15 MB
Format
Adobe PDF
Checksum (MD5)
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