Gebhard Kirchgässner – Finanzwissenschaftler, Empiriker, Brückenbauer

„On Minimal Morals“, „Econometric Estimates of Deterrence of the Death Penalty: Facts or Ideology?“, „Introduction to Modern Time Series Analysis“, „The Effect of Direct Democracy on Income Redistribution: Evidence for Switzerland“, „Kaderschmieden der Wirtschaft und/oder Universitäten? Der Auftrag der Wirtschaftsuniversitäten und -fakultäten im 21. Jahrhundert“. Man würde kaum glauben, dass ein einzelner Wissenschaftler diese schwindelerregende Breite von Themen abdecken könnte. Gebhard Kirchgässner konnte das. Es ist mithin kein Wunder, dass seine Emeritierung im Jahr 2013 die Universität St. Gallen (HSG) vor ein unlösbares Problem stellte. Es hätte mindestens drei Wissenschaftler gebraucht, um die Lücken zu schließen.

Noch viel größer wurde die Lücke am 1. April dieses Jahres. Auf den Tag genau 25 Jahre nach seinem Eintritt in die HSG ist Gebhard Kirchgässner nach schwerer Krankheit im Alter von nur 68 Jahren gestorben. Die Universität St. Gallen, der Verein für Socialpolitik und die Volkswirtschaftslehre als Disziplin verlieren in ihm nicht nur einen brillanten Volkswirt und engagierten Lehrer, sondern auch eine moralische Instanz und einen Brückenbauer zwischen verschiedenen akademischen Fächern, zwischen Theorie und Praxis.